Schul- und Volkssternwarte Johannes Kepler Crimmitschau
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Der Fund - Fernrohrbau mit Hindernissen

von Steffen Kahle, 12.10.2002
Ein Bericht vom Bau unseres 100-mm-Refraktors.

Der Weg zum perfekten Teleskop ist oft schwieriger als man denkt. Dieser Satz ist wohl von jedem nachvollziehbar, der sich schon mal daran gewagt hat ein eigenes Beobachtungsgerät nach seinen Ansprüchen anzufertigen.

Das Projekt zum Baueines Refraktorteleskops mit 100mm Öffnung und 1000mm Brennweite entstand eher zufällig: Wie jedes Jahr stand auch 2002 unser großer Frühjahrsputz auf dem Programm der Sternwarte. Bei dieser Gelegenheit wurden wie immer auch die Geräteschränke aufgeräumt und gesäubert. Diesmal aber anscheinend etwas gründlicher als sonst. Aus den Tiefen des unteren Faches tauchte plötzlich eine unscheinbare graue Holzkiste auf. Reingeschaut hatte bei unseren letzten Aufräumaktionen wohl noch keiner. Ich tat es einfach aus Neugier, entsprechend groß war auch meine Überraschung.

In der Kiste befand sich ein noch original verpacktes achromatisches Objektiv von Carl-Zeiss Jena in den Dimensionen 100/1000. Selbst der Preisanhänger war noch dran. Dieser lautete auf 1650 DDR-Mark. Fast augenblicklich entstand der Gedanke: "Dieses Objektiv braucht einen Tubus". Es hat schließlich lang genug auf seinen Einsatz gewartet. Gemeinsam wurde beschlossen: "Wir bauen einen Refraktor". Alle waren begeistert und wir wollten die Sache gleich anpacken.

Aber, schon die Auswahl des Tubusmaterials war nicht einfach. Es musste leicht sein, es musste stabil sein und einen möglichst geringen Wärmeausdehnungskoeffizienten haben. Kosten durfte es auch nicht viel, da unser Budget in dieser Beziehung keine großen Sprünge zulässt. Insider wissen sicher schon jetzt, wofür wir uns entschieden haben. Hartpapier entsprach in allen Belangen am ehesten unseren Ansprüchen. Im Internet wurden wir schnell fündig und bestellten gleich noch einen halbwegs erschwinglichen Okularauszug mit 150mm Verstellweg und ein paar passende Rohrschellen dazu. So weit, so gut.

Beim ersten "Aufeinandertreffen" der Einzelteile wurde uns klar, ohne aufwändige Adapter und Anschlußstücken für Okularauszug und Objektiv würden wir die Komponenten nie miteinander verbinden können. Wer schon mal einen Spezialauftrag an eine Metallwerkstatt vergeben hat, weiß wie teuer so etwas unter Umständen werden kann.

An dieser Stelle möchte ich deshalb einem guten Freund danken (welcher hier allerdings nicht genannt werden will), der uns die benötigten Spezialteile gegen ein geringes Entgelt angefertigt hat.

Als Verbindungstechnik haben wir uns für Kleben entschieden. Schrauben hätten den optischen Gesamteindruck beeinträchtigt. Nach der Rohbaumontage wollten wir es natürlich wissen und setzten eine Probebeobachtung an. Wir taten gut daran, wie sich noch herausstellen sollte.

Also, schnell eine Montierung aufgebaut und die ersten Okulare ausprobiert. Ging ja alles noch. Jetzt kam der Zenitspiegel ins Spiel. Effekt: Der Verstellweg zur Fokussierung reichte nicht mehr, um das Objekt scharfzustellen. Grund: Tubus ca. 70 mm zu lang.

Trotz stundenlanger Berechnungsarbeit und anschließender Diskussion hatten wir den Strahlengang im Zenitspiegel ganz einfach vergessen mit einzubeziehen. Wenn dazu noch ein kurzbrennweitiges Okular kombiniert wird, kommt man einfach nicht in den Brennpunkt. Also, alles noch mal auf Anfang. Das hieß: Tubus absägen und die Reste aus dem Anschlußadapter herausdrehen. An dieser Stelle haben wir uns gewünscht wir hätten nicht geklebt, sondern geschraubt. Nach erneuter Probebeobachtung war klar, jetzt passt es.

Der endgültigen Fertigstellung stand nun nichts mehr im Wege. Der komplette Tubus einschließlich Taukappe musste innen entspiegelt und außen lackiert werden. Diese Arbeiten übernahm für uns unentgeltlich die Firma "Auto-Technik-Center" in Glauchau im Rahmen einer Projektarbeit. Ein besonderes Dankeschön geht dabei an H.Zeisig und H.Landgraf die uns eine Lackierung der Extraklasse in tiefschwarz-perleffekt geliefert haben. Die Innenentspiegelung erfolgte mittels Schultafelfarbe schwarz totmatt. Ob der Schutz gegen Streulicht ausreicht wird sich nach den ersten Beobachtungsnächten herausstellen. Der Einbau von Streulichtblenden war von vorn herein für später geplant, um den "Vorher-Nacher-Effekt" beurteilen zu können.

Die offizielle Einweihung in der Sternwarte erfolgte dann am 1. November 2002. Eigentlich war eine zünftige "First-Light Party" geplant, die allerdings aus Mangel an "Light" ausgefallen ist. So müssen wir die Sache vorerst weiter verschieben und auf klares Wetter zum Beobachten hoffen.

In jedem Fall ist dieses neue Teleskop eine Bereicherung unserer Geräteausstattung und schließt die Lücke zwischen unserem 80 x 900 von Vixen und dem Hauptgerät dem Coudé-Refraktor mit 150mm Öffnung und 2250mm Brennweite.

Clear skies.

Objektiv
Autor: Steffen Kahle
Explosiv
Explosivdarstellung der Teile des Selbstbau-Refraktors
Autor: Steffen Kahle
Übergabe
Übergabe des lackierten Fernrohrs an Steffen Kahle (li.) durch die Firma Autotechnik-Center Glauchau GmbH
Autor: Steffen Kahle
Einweihung
Einweihung des Eigenbau-Refraktors mit einem Zeiss AS 100/1000-Objektiv
Autor: Steffen Kahle